Für Fachpersonen
Viele Betroffene leiden bis heute unter den Folgen von fürsorgerischen Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen. Die belastenden Erfahrungen mit Behörden, in Heimen oder anderen Institutionen können bis ins hohe Alter nachwirken. Im Kontakt mit Fachpersonen aus dem Sozial- und Gesundheitswesen zeigt sich häufig ein tiefes Misstrauen, deshalb kann das Wissen über das erlittene Unrecht eine grosse Hilfe bei der Arbeit sein.
Der Verlust von Kontrolle, zum Beispiel bei einem Eintritt in ein Spital oder Pflegeheim, kann bisher bewährte Bewältigungsstrategien untergraben. Gefühle von Hilflosigkeit oder Abhängigkeit und die Bedrohung der eigenen Selbstbestimmung können alte Wunden aufreissen und zu Retraumatisierungen führen. Manche Betroffene reagieren deshalb mit Rückzug, Wut oder Verweigerung. Andere meiden medizinische Hilfe ganz, aus Angst vor erneuter Fremdbestimmung oder Kontrollverlust.
Auch der Kontakt mit Sozialdiensten oder Behörden stellt für viele eine grosse Hürde dar. Gut gemeinte Unterstützung kann als Einmischung empfunden werden, formale Abläufe und wechselnde Zuständigkeiten als Zeichen von Macht oder gar Machtmissbrauch.
Ein achtsamer, respektvoller Umgang und ein offenes Ohr können helfen, Vertrauen aufzubauen und die Zusammenarbeit zu erleichtern.
Herausforderungen im Kontakt mit Betroffenen
- Vielen fehlt das Vertrauen in Fachpersonen und Behörden.
- Einige haben Angst vor medizinischen Untersuchungen oder Gesprächen.
- Kontakte mit Behörden werden oft als schwierig erlebt. Formulare, Fristen und wechselnde Ansprechpersonen können Unsicherheit auslösen.
Haben Sie den Verdacht, eine Person könnte traumatisiert sein? Oder sie könnte aktuell sogar eine Retraumatisierung erleben? Besprechen Sie es im Team. Falls Sie direkte Nachfragen zur persönlichen Geschichte stellen, gehen Sie behutsam vor.
Informationen und Materialien zur Unterstützung
- Die kantonalen Anlaufstellen beraten sowohl Betroffene als auch Fachpersonen.
- Stiftung Pro Mente Sana: Empfehlungen zum Thema Trauma (PDF)
- Paul Schiller Stiftung: Gute Betreuung im Alter, «Wegweiser für gute Betreuung im Alter» (PDF)
- ATD Vierte Welt: Projekt «Armut – Identität – Gesellschaft». Ein gemeinsam erarbeitetes Projekt mit Betroffenen und Personen aus Praxis und Wissenschaft: Forschungsbericht Projekt "Armut-Identität-Gesellschaft" - ATD Vierte Welt
- Caregivers – Betroffene für Betroffene: Die ausgebildeten Caregiver sind auch Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für Alters- und Pflegeheime und schulen dort die Pflegenden: Home – Caregivers.